Genetisches Diabetesrisiko verliert mit der Zeit an Kraft

Nach dem sechsten Lebensjahr praktisch auf Normalniveau

Barcelona. Ein neues Instrument, entwickelt aus der internationalen TEDDY-Studie, könnte helfen, Kinder zu identifizieren, die ein massiv erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes tragen, obwohl sie familiär nicht belastet sind.

TEDDY hat eine Geburtskohorte von 8676 Kindern rekrutiert, die aufgrund ihres HLA-Genotyps als besonders diabetesgefährdet einzustufen sind, darunter 949 mit diabeteskranken Verwandten ersten Grades. Diese Kinder werden bis zum 15. Lebensjahr regelmäßig untersucht, ob sie Insel-Autoantikörper oder einen Typ-1-Diabetes entwickeln. Bisher wurden bei 804 Kindern einzelne und bei 469 multiple Autoantikörper festgestellt, 330 sind manifest am Typ-1-Diabetes erkrankt, berichtete Professor Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Institut für Diabetes-Forschung am Helmholtz Zentrum München.

Das kumulative Risiko, eine Insel- Autoimmunität zu entwickeln, ist bei familiärer Belastung annähernd doppelt so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung. Wenn sich mehrere Autoantikörper nachweisen lassen, gilt dies heute als Stufe 1 des Typ-1-Diabetes, da praktisch alle Betroffenen klinisch erkranken. Der genaue Zeitpunkt lässt sich im Einzelfall nicht vorhersagen, aber nach fünf Jahren hat jeder Zweite eine manifeste Stoffwechselstörung.

Exaktere Risikoabschätzung durch genetische Analysen?
Das Forscherteam ist in der von Prof. Ziegler präsentierten Arbeit der Frage nachgegangen, ob genetische Analysen eine exaktere Risikoabschätzung für Kinder mit positiver Familienanamnese ermöglichen. Außerdem wurde geprüft, ob sich unter den familiär unbelasteten Kindern jene herausfiltern lassen, deren Risiko für multiple Autoantikörper 10 % übersteigt.

Dafür wurde zunächst ein genetischer Risikoscore aus sieben HLA- und 40 Non-HLA-SNPs* (47 SNP GRS) entwickelt, der die allein auf den HLAPhänotypen basierende Risikoabschätzung noch einmal signifikant verbessert. Angewandt auf die Gesamtpopulation in TEDDY ergab sich ein Cut-off von 14,4 Punkten für die 75. Perzentile, der wiederum in der Kohorte der Kinder ohne familiäre Diabetesdisposition eine gute Trennschärfe für das Risiko zeigte: Kinder mit höheren Scores hatten tatsächlich ein mindestens 10%iges Risiko, mit sechs Jahren mehrere Insel-Autoantikörper aufzuweisen.

Lange Beobachtungsdauer zeigt Entwicklung
Der Versuch, weitere Gene ausfindig zu machen, mit denen sich die Risikovorhersage weiter verfeinern ließe, brachte nur einen geeigneten Kandidaten: BTNL2 auf Chromosom 6, bei dem das G-Allel mit einem erhöhten Diabetesrisiko einhergeht. Kindern oberhalb der 75. Perzentile von 47 SNP GRS verpasst das Risikoallel einen gewissen Risikoschub, besonders stark wirkt es sich jedoch bei Kindern mit niedrigem Score aus.

Die lange Beobachtungsdauer in TEDDY macht es möglich zu untersuchen, wie sich Kinder mit Risikokonstellation entwickeln. Hier hatte Prof. Ziegler gute Nachrichten: Das genetisch determinierte Risiko verliert sich offenbar, je länger ein Kind gesund bleibt. Der höchste Peak bei der Inzidenz von Autoimmunität ist mit einem Jahr erreicht, danach nehmen die Raten ab. Als Faustregel lässt sich ableiten, dass ein prädisponiertes Kind, das bis zum 6. Geburtstag nicht erkrankt ist, kein höheres Risiko mehr hat als ein Kind ohne diabeteskranke Verwandte.

Manuela Arand

* Single Nucleotide Polymorphism


EASD 2019
Für die Allgemeingesundheit können die Entzündungsherde imMund massive Folgen haben, da es nicht selten zu bakterieller Dissemination und systemischer Inflammation kommt. Der Zusammenhang zwischen Parodontitis und Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt oder rheumatoider Arthritis ist inzwischen gut fundiert, eine bidirektionale Beziehung zwischen Parodontitis und Diabetes gilt als gesichert.